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Zweite Afrikasynode in Rom gestartet

06. Okt 2009

Gestern hat in Rom mit der feierlichen „Relatio ante disceptationem” (Eröffnungsrede) des ghanesischen Kardinals Peter Turkson die Zweite Afrikasynode begonnen, zu der nahezu 240 Teilnehmer aus 53 afrikanischen Staaten und zahlreiche weitere Teilnehmer/innen und Beobachter/innen zusammenkommen. Motto der Synode ist „Die Kirche in Afrika im Dienst d…

In dem im März dieses Jahres vorgestellten päpstlichen Arbeitspapier („Instrumentum laboris“) werden die großen kriegerischen Konflikte in Afrika im einzelnen aufgeführt und von hier aus die Forderung nach einem spirituell fundierten Versöhnungs- und Friedensdienst der Kirche entwickelt. „Die Kirchen in Afrika tragen die Zerbrechlichkeit der gegenwärtigen Situation afrikanischer Länder sowohl auf institutioneller und finanzieller als auch auf theologischer, kultureller und rechtlicher Ebene“ (IL 21).

Zu den Teilnehmer/innen gehören u.a. die Vorsitzenden der afrikanischen Bischofkonferenzen und 36 vom Papst eingeladene Geistliche aus aller Welt, darunter der Äthiopische Patriarch Paulos, FAO-Generaldirektor Jacques Diouf, Rudolf Adada, der frühere Chef der Friedensmission für Darfur (Sudan). Für den deutschen Episkopat nimmt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick teil.

Der Aufruf zu einer zweiten Synode dieser Art geht noch auf Papst Johannes Paul II zurück, der auch schon 1994 das erste Großereignis dieser Art in Rom begrüßt hatte. Der Ertrag dieses ersten afrikanischen „Kirchengipfels“ wurde kontrovers diskutiert. Während die einen auf das seit Mitte des 20sten Jahrhunderts rasant anwachsende Christentum in Afrika verweisen, das neue Formen der innerkirchlichen Verständigung erfordert und sozusagen nach Rom geholt werden muss, sehen die anderen in den afrikanischen Kirchen vor allem das konservative Element, an dem Rom gefallen gefunden hat.

Die Synode folgt dem gewohnten Konzept von Weltbischofstreffen in 20 Vollversammlungen – in Anwesenheit des Papstes – und neun Sitzungen nach Sprachgruppen (Englisch, Französisch, Portugiesisch). Die Frage ist, ob von dieser Großkonferenz ein originärer Impuls afrikanischer Kirchen für Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden angesichts der großen Konflikte in Afrika ausgehen kann. Die großen afrikanischen Kriege sind keine rein innerafrikanischen Konflikte, sondern ergeben sich in unheiligen Gemengelagen von internationalen und afrikanischen Akteur/innen. Das Arbeitspapier geht an der Erkenntnis der weltwirtschaftlichen Ursachen von Kriegen in Afrika nicht einfach vorbei (IL 65). Die Frage, welche Konsequenzen daraus für die Kirchen zu ziehen sind, bleibt allerdings offen und wird sicherlich auch auf der Synode kaum proaktiv bearbeitet werden.

In seiner Predigt am Eröffnungsgottesdienst am Sonntag, den 4.10.2009 mit ungewohnten afrikanischen Klängen im Petersdom geißelte Benedikt XVI einmal mehr den weltweit zunehmenden Materialismus, dessen Eindringen in Afrika er als eine Form von Kolonialismus bezeichnete. Trotzdem bezeichente er Afrika als die „spirituelle Lunge der Menschheit“, für die der Glauben und die Hoffnung in die Krise geraten seien. Dass in den vier Ländern mit dem höchsten Anteil katholischer Bevölkerung in Afrika – Burundi, Kongo-Kinshasa, Kongo-Brazzaville und Ruanda – in den letzten Jahren die schlimmsten afrikanischen Konflikte ausgetragen wurden, scheint allerdings schlecht zu diesem Bild zu passen. Der Völkermord in Ruanda 1994 lief, während in Rom die katholischen Bischöfe auf der Ersten Afrikasynode tagten. Darauf wies Emmanuel Ntakarutimana, Dominikaner und Leiter des Centre Ubuntu in Bujumbura (Burundi), im Vorfeld der Synode hin. Ntakarutimana, ein alter Bekannter von pax christi, setzt sich schon seit langem für die Einrichtung kirchlicher Friedens- und Konfliktzentren mit entsprechenden Ausbildungskursen in Afrika ein. Der kenianische Afrikamissionar Patrick Devine macht deutlich, dass die kathechetische Bildung im Sinne der Mission der Kirche nicht funktioniere, wenn sie nicht zugleich Ausbildung in gewaltfreier Konfliktbearbeitung einschließt.

Das Arbeitspapier benennt außerdem das kircheninterne Problem, dass „manche Bischöfe“ bestimmten „Parteien“ zu nahe stünden und damit Bischofskonferenzen nicht mehr mit einer Stimme sprechen könnten (IL 53). Die Zeitschrift „African Theological Review“ hält die Ausrichtung der Zweiten Afrikasynode für verfrüht, da die Ergebnisse der Ersten Afrikasynode noch nicht vollständig implementiert seien. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung einer Kommission, die Vorschläge zur Integration der Frau in die Mission der Kirche in Afrika erarbeiten sollte. Wenn das Arbeitspapier der jetzigen Konferenz einmal mehr an verschiedenen Stellen auf die Würde und den „Genius“ (IL 114) von Frauen sowie auf ihre kulturelle afrikanische Identität hinweist, ist dies sicherlich gut gemeint. Ob dies zu einem praktischen Effekt führt, muss sich auf der Konferenz zeigen. Von verschiedener Seite wird kritisiert, dass die Synode noch einmal in Rom und nicht auf dem afrikanischen Kontinent selbst stattfindet. Bleibt zu hoffen, dass der hohe organisatorische Aufwand und die Kosten für das kirchliche Großereignis zu greifbaren Ergebnissen führen, damit der Verdacht auf „Außer Spesen nichts gewesen“ widerlegt wird.

Kardinal Walter Kasper verglich die geistige Situation in vielen Konflikten in Afrika mit der deutschen Mentalität nach 1933: „In der Schule wurde uns damals beigebracht, dass die Franzosen unsere Erbfeinde seien. Darüber können wir heute nur noch lachen, “ so der Kardinal.

Die deutsche Sektion von pax christi hat vor einigen Jahren in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stifung eine Tagung zum Thema „Versöhnung in Afrika und Europa“ ausgerichtet, die mit einer umfangreichen Broschüre dokumentiert ist. Die Broschüre ist auch in englischer und französischer Sprache erhältlich und kann unter sekretariat@paxchristi.de bestellt werden.